Stipendiatin Simone Kamhuber
Simone Kamhuber studiert Global Studies an der Universität Leipzig und wurde bezüglich ihres bevorstehenden Auslandsaufenthalts für das Vacasol Global Engagement Scholarship 2023 auserwählt. Sie wird das Wintersemester 2023 in Äthiopien an dem Institute for Peace and Security Studies verbringen. Migration und Klimawandeln sind dabei zwei Themen, die sie auch außerhalb ihres Studiums besonders beschäftigen.
„Äthiopien gehört zu den Ländern mit dem kleinsten ökologischen Fußabdruck pro Kopf, ist aber schon heute mit massiven Folgen des Klimawandels konfrontiert.“
Während ihres Auslandsaufenthalts möchte Simone auch InterviewparternInnen für ihre Masterarbeit finden und ein Netzwerk aufbauen. Wenn alles gut geht, möchte sie sich für ein Praktikum bei der Afrikanischen Union bewerben.
Neben ihrem Studium schreibt Simone auch als freie Journalistin, eine Plattform, die sie jetzt auch nutzen möchte, um von Menschen und Ereignissen zu berichten, die ihr begegnen werden. Denn für Simone ist eines sehr wichtig:
„[…] dass interkultureller Austausch für mich vor allem eines bedeutet: eine Chance des gegenseitigen Lernens und persönlichen Wachstums.“
Wir wünschen Simone dabei viel Erfolg und freuen uns auf spannende Berichte und schöne Bilder!
Halbzeitbericht
Ein Zwischenbericht aus dem Herzen Afrikas
Addis Ababa hat sich für mich von Anfang an als faszinierende Reise durch Intensität und Vielfalt entpuppt. Die Stadt balanciert geschickt zwischen Tradition und Moderne, zieht Menschen aus ganz Äthiopien und den benachbarten Staaten an und wird somit zu einem Schmelztiegel verschiedenster kultureller und religiöser Einflüsse.
An vielen Ecken liegt der verlockende Duft frisch gebrühten Kaffees in der Luft, ein wichtiger Bestandteil der äthiopischen Lebensart. Schnell fand ich auf dem lebendigen Merkato und dem gemütlichen Shola Market Obstverkäuferinnen und Gemüsehändler, die mich morgens fröhlich willkommen hießen.
In meinem Masterstudium in "Global Studies" war und ist es mir ein Anliegen, akademische Inhalte nicht nur aus der europäischen Perspektive zu betrachten. Deswegen war ich besonders gespannt, an der Universität neue Blickwinkel zu entdecken und eurozentristische Ansätze zu dekonstruieren.
Die Addis Ababa Universität, als die älteste und renommierteste Bildungseinrichtung Äthiopiens, eröffnet mir die Möglichkeit, Globalisierungsprozesse aus äthiopischer Sicht zu verstehen – geprägt von afrikanischen Politikern, Philosophinnen und Anthropologen. Meine Kurse zu Menschenrechten, Frieden und Sicherheit in Afrika am Institute for Peace and Security Studies ermöglichen mir eine tiefgehende kritische Analyse der aktuellen Entwicklungen in diesen Bereichen.
Besonders das Seminar "Human Rights and Peace" eröffnete mir Einblicke in die komplexen Wechselwirkungen von Gender, Frieden, Friedensschaffung und Konflikttransformation, während das Modul "Theories of Peace and Security" mit hochrangigen Referenten der Afrikanischen Union und regionalen Wirtschaftsgemeinschaften meine Perspektive um praxisnahe Dimensionen erweiterte.
In den zentralen Stadtteilen von Addis Ababa gibt es keine ausgeprägte sozioökonomische Segregation, was eine wohltuende Vielfalt im Alltag schafft – ein Miteinander, das sich in einer abwechslungsreichen Architektur manifestiert. Diese unstete Architektur, bei der die verschiedensten Bauwerke Tür an Tür stehen, mag für manche nach Chaos klingen, aber ich persönlich empfinde sie als Symphonie.
Mein Zuhause fand ich in Kazanchis, einem lebendigen, von Studierenden geprägten Stadtteil, in dem auch einige "ferenjis" – so nennen die Einheimischen weiße Ausländer:innen – wohnen. Die äthiopische Küche erweist sich als kulinarisches Highlight meines Aufenthalts.
Das gemeinsame Essen, insbesondere das traditionelle Injera, ein sauer fermentierter Fladen aus Teffmehl, schuf nicht nur eine Verbindung zu den Menschen, sondern war auch der Anfang der meisten lokalen Bekanntschaften, die ich hier gemacht habe.
Die Fortschritte bei der Suche nach Interviewpartnerinnen und -partnern für meine Masterarbeit zum Thema "Klimawandel als Risikoverstärker von Migrationsgründen" waren anfangs schwierig. Je besser ich mich in der Stadt zurechtfand und Kontakte knüpfen konnte, desto mehr Anlaufstellen fand ich aber mit der Zeit für mein Vorhaben.
Interessante Kontakte konnte ich auch in den Institutionen knüpfen, die in Addis als einer der politischen Hauptstädte des Kontinents ansässig sind. Afrikanische Union, GIZ und das Goethe-Institut sind auch mit den Universitäten gut vernetzt und bieten viele kulturelle Events, Diskussionsrunden, Vorträge und Filmabende an.
Aufgrund der aktuellen nationalen Sicherheitslage nach dem Tigrinyakonflikt, der seit 2022 nicht mehr akut ist, habe ich Reisen in den Norden des Landes vorerst aus Sicherheitsgründen vermieden. Kleinere Ausflüge in die Umgebung von Addis Ababa, wie zum Entoto Wasserfall oder Yekamountain, konnte ich bereits genießen.
Zukünftige Reisepläne führen mich in den Süden des Landes und vielleicht doch zu meinem Traum die Simienberge und die Danakil-Depression im Norden zu erkunden. Mit Vorfreude blicke ich auf alles, was die kommenden Monate noch bringen und schätze die unterstützende Rolle des Vacasol Global Engagement Scholarship auf meinem Weg hierhin.