Stipendiatin Katharina Hohensee
Katharina Hohensee studiert Hydrobiologie an der Technische Universität Dresden und wurde bezüglich ihres bevorstehenden Auslandsaufenthaltes für das Vacasol Global Engagement Scholarship 2023 auserwählt. Sie wird ein Auslandspraktikum bei dem lokalen Unternehmen „Enviroworks“ in Südafrika absolvieren.
Durch das geplante Praktikum, das die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen und Flusssäuberungsarbeiten umfasst, sieht sie die Möglichkeit, ihrer Herzensangelegenheit, dem Schutz und Erhalt bedrohter Lebensräume, näherzukommen und landestypische sowie internationale Erfahrungen zu sammeln.
Darüber hinaus verbindet Katharina ihre Leidenschaft für das Klettern mit einem sozialen Engagement. Als ausgebildete Kletterbetreuerin für das Unisportzentrum Dresden und Mitglied des Sächsischen Bergsteigerbundes leitet sie seit Frühjahr 2020 Schnupperkurse und eine Kinderklettergruppe, wobei sie Einfühlungsvermögen, Geduld und Teamgeist einbringt. Ihr Fokus liegt nicht nur auf dem Sport selbst, sondern auch auf der Vermittlung von Naturbewusstsein und sozialen Werten, und sie plant, dieses Engagement auch während eines Auslandsaufenthalts in Südafrika fortzusetzen.
Wir wünschen ihr viel Erfolg dabei und sind sehr gespannt auf ihren Bericht!
Halbzeitbericht
Nelson Mandela hat einmal gesagt: “Education is the most powerful weapon which you can use to change the world”. Dieser Ausspruch unterstreicht die Bedeutung von Bildung nicht nur im wissenschaftlichen oder technischen Bereich, sondern auch für das Verständnis sozialer Dynamiken, der Lebensumstände anderer Menschen und den Abbau von Vorurteilen, um die Welt zu verändern. Ohne ein tiefes Verständnis für unterschiedliche Kulturen, Menschen und ihre Lebensumstände ist es schwierig, Fortschritte im Umweltschutz zu erzielen. Jedes Land hat seine eigene Geschichte und seine eigenen Herausforderungen, die bewältigt werden müssen, um nachhaltige Veränderungen herbeizuführen.
Kapstadt ist eine faszinierende und immer lebendige Stadt, in der auch die Vororte nie zu schlafen scheinen. Mit über 4 Millionen Einwohnern ist die Größe der Stadt auf den ersten Blick kaum vorstellbar. Man kann eine Stunde auf dem Highway fahren und bleibt doch innerhalb der Stadtgrenzen - eine beeindruckende Dimension, die uns in Deutschland fremd ist. Die geschäftige Atmosphäre wird immer wieder von der natürlichen Schönheit der umgebenden Landschaft unterbrochen. Wohin man blickt, sieht man den majestätischen Tafelberg, die umliegenden Berge und das Meer, das die Stadt umspült. Es ist diese unbeschreibliche Schönheit und Einzigartigkeit, die Kapstadt auszeichnet. Egal in welche Richtung man fährt, innerhalb einer halben Stunde erreicht man entweder das Meer oder die Berge und kann von dort aus die Stadt bewundern.
Die kulturelle Vielfalt spiegelt sich in der Kultur, der Sprache und der kulinarischen Vielfalt wider. Neben all diesen schönen Seiten hat das Land aber auch seine Schattenseiten, die das Leben in der Stadt beeinflussen. Ein Beispiel dafür ist das so genannte "Load Shedding", eine tägliche Herausforderung im Leben der Einwohner. Aufgrund des rasanten Bevölkerungswachstums und der weit verbreiteten Korruption im Energiesektor und in der Regierung kommt es immer wieder zu Stromausfällen. Damit nicht alle Unternehmen, Krankenhäuser und wichtigen Einrichtungen im Dunkeln sitzen, werden einzelne Stadtteile gezielt für einige Stunden vom Strom abgeschnitten. Mithilfe einer App können die Bewohner etwa 24 Stunden im Voraus planen, wann und wo dieser Ausfall stattfindet. Ohne Notstromaggregate oder Solarzellen wird das tägliche Leben stark beeinträchtigt. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt.
Meine Unternehmen, Enviroworks, ist eine Umweltberatungsfirma, die als unabhängige Schnittstelle zwischen Kunden und Behörden fungiert. Bei meiner ersten Exkursion besuchten wir eine Mülldeponie, die noch in Betrieb ist, um Methandaten zu sammeln und Gaszähler zu kalibrieren, um den Kohlendioxidausstoß zu messen und zu minimieren. Aufgrund von Lastabwürfen wird jedoch täglich der Strom abgeschaltet und das Methan kann nicht über die Biogasanlage in Kohlendioxid umgewandelt werden. Stattdessen verbleibt es in der Deponie und kann bei zu langen Produktionsunterbrechungen unter den Dämmen entweichen. Bemerkenswert ist, dass es in Kapstadt immer noch keine umfassende Mülltrennung in Plastik, Papier und organische Abfälle gibt. Dies führt zu einer Vermischung von Abfällen, die zu Umweltverschmutzungen führen kann, so dass ein gefährliches Abfallgemisch auf der Deponie gelagert wird. Die Deponiebetreiber sind jedoch bestrebt, das vorhandene Gas in Energie umzuwandeln und unabhängig von der Lastabwürfen zu werden.
Diese Bemühungen spiegeln die Mentalität des Landes wider, sich den bestehenden Herausforderungen zu stellen und nachhaltige Lösungen zu finden, auch wenn die finanziellen Ressourcen begrenzt sind. Jeder trägt ein Lächeln im Gesicht und versucht, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln und seinem Wissen die Welt ein wenig besser zu machen.
Abschlussbericht
Meine Begeisterung für das Land, genährt durch eine Vielzahl kultureller Begegnungen, die abwechslungsreiche Vegetation und die herausfordernden, aber auch bereichernden Aufgaben während meines dreimonatigen Praktikums bei Enviroworks, ist ungebrochen. Enviroworks ist ein unabhängiges Beratungsunternehmen, das als Bindeglied zwischen Kunden und Behörden fungiert und sich darüber hinaus für die wissenschaftliche Ausbildung der jungen Generation einsetzt, um Wissen und Verständnis für ökologische Themen zu fördern.
Berufspraktikum
Die Gastfreundschaft, die mir in Südafrika entgegengebracht wurde, war unvergleichlich. Die Menschen, die ich während meines Praktikums bei Enviroworks kennenlernen durfte, besonders in einem kleinen Dorf weit außerhalb von Kapstadt, waren von einer außergewöhnlichen Herzlichkeit. Die Arbeit führte uns in ein Bergbaugebiet in Western Cape, wo wir die dortige Flora erforschten, ihre Anpassungsfähigkeit nach dem Bergbau untersuchten und geeignete Rehabilitationsmaßnahmen entwickelten. Wir stellten fest, dass sich die Vegetation stark von der typischen Flora Kapstadts unterscheidet, insbesondere in einem Gebiet mit heißen, trockenen Sommern. Wir konzentrierten uns auf die Bewertung der Vegetationsdichte in unbelasteten Vegetationsbereichen des Bergbaugebietes, um Daten für effektive Rehabilitationsstrategien zu sammeln.
Bei der Besichtigung des Bergwerksgeländes galt unser besonderes Augenmerk den Neophyten und den geologischen Veränderungen, wie z.B. dem Dünenabbruch, die durch den Bergbau entstanden sind. Diese Neophyten, Pflanzenarten, die unter anderem durch menschliche Aktivitäten eingeführt wurden und sich in fremden Ökosystemen etabliert haben, verdrängen oft die einheimische Flora. Ihre Fähigkeit, sich schnell an neue Lebensräume anzupassen, begünstigt ihre invasive Ausbreitung, die durch das Fehlen natürlicher Feinde und die Anpassung an lokale Standortbedingungen erleichtert wird. Um ihre Ausbreitung zu kontrollieren, ist es wichtig, sie zu identifizieren und zu markieren, damit sie entfernt werden können. Die Wiederansiedlung einheimischer Arten und das Sammeln ihrer Samen für die spätere Rekultivierung sind Teil der Bemühungen, durch den Bergbau geschädigte Ökosysteme wiederherzustellen. Diese Praxis hat mir gezeigt, wie komplex der Wiederherstellungsprozess ist und wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Umweltberatern und Unternehmen ist, um die Biodiversität des Gebiets langfristig wiederherzustellen.
Ein anderes, nicht minder interessantes Projekt wurde in Upington, nördlich von Kapstadt, durchgeführt. Dort war jahrelang Abwasser durch beschädigte Abwasserkanäle in die Umwelt gelangt und hatte die funktionale Vielfalt des Gebietes stark beeinträchtigt. Die Firma Enviroworks beauftragte mich, einen Vegetationsmanagementplan zu erstellen und der Gemeinde zur Verfügung zu stellen. Dabei waren die geringen finanziellen Mittel der Gemeinde zu berücksichtigen. Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht, die Eigenschaften des Gebietes zu erfassen, zu analysieren und geeignete Methoden zu finden, um das Gewässer und die Vegetation wieder in einen natürlichen Zustand zu versetzen. Das Team gab mir dabei immer das Gefühl, hinter mir zu stehen und mir bei Fragen zur Seite zu stehen. Mit dieser Unterstützung tauchte ich in einen völlig anderen Vegetationstyp ein, einen von 499 Vegetationstypen, die es in Südafrika gibt, im Vergleich zu 24 Lebensraumtypen nach dem Bundesamt für Naturschutz in Deutschland. Am Ende meines Praktikums war ich in der Lage, eine umfassende Empfehlung für das durch Abwässer geschädigte Gebiet in Upington zu erstellen und die Behörden zu informieren.
The Globe-Programm
Des Team Envirworks und ich unterstüten unter anderem das Globe-Programm, das von der NASA 1996 in Südafrika ins Leben gerufen wurde. Es soll Kinder, Jugendliche und Erwachsene dazu anregen, sich mit Umweltthemen auseinanderzusetzen. Mit Hilfe einer App sollen Umweltdaten gesammelt und für weitere Forschungen und Prognosen der NASA zur Verfügung gestellt werden. Unsere Aufgabe bestand darin, Kindern aus Schulen in Kapstadt zu erklären, wie Wolken entstehen, wie sie aussehen und wie man sie in der Realität unterscheiden kann. Den Kindern stand die Freude ins Gesicht geschrieben. Sie waren begeistert von den physikalischen Hintergründen der Wolkenentstehung, stellten viele Fragen und verließen uns voller Freude. Mit ihnen an den Strand zu gehen, ihnen die Theorie hautnah zu präsentieren und in einer App festzuhalten, erfüllte uns mit Stolz. Sie waren nicht nur an atmosphärischen Themen interessiert, sondern auch an den biologischen Prozessen im Meer, den Tieren und Pflanzen, die dort leben. Es hat Spaß gemacht, ihnen die Umwelt ein bisschen näher zu bringen und ihnen die großen Vorgänge mit einfachen Worten zu erklären. Das Freiwilligenprojekt dauerte 2 Wochen, aber es fühlte sich an, als wären es nur 2 Tage gewesen. Die Kinder brachten uns die verschiedenen Sprachen des Landes bei. In Südafrika werden hauptsächlich 4 Sprachen gesprochen: Afrikaans, Englisch, Xhosa und Zulu. Es gibt aber noch 7 weitere offizielle Sprachen, die in Südafrika gesprochen werden, aber diese 4 Sprachen sind mir in Kapstadt am häufigsten begegnet. Die Kinder wuchsen meist mit Xhosa oder Zulu in der Familie auf und lernten Englisch in der Schule. So konnten die 13-jährigen Kinder zwei Sprachen fließend sprechen und sich mit ihnen sehr gut verständigen. Aus dem Freiwilligenprojekt entwickelten sich auch Freundschaften zu einem anderen Freiwilligenprojekt in Franshook namens „Cape winelands biosphere“, das ich nach meinem Praktikum auf eigene Faust besuchte und mit den Freiwilligen einige Tage verbrachte.
Freizeit während des Berufspraktikums
Während meines Praktikums in Südafrika lernte ich die Schönheit der südafrikanischen Landschaft kennen. An den Wochenenden wanderten wir durch die endlose Natur, schliefen unter dem weiten Himmel über den Cederbergen und erlebten die raue Fauna der Wildnis. Die Herausforderungen des Geländes förderten unseren Teamgeist, als wir uns durch enge Felspassagen zwängten und schwere Rucksäcke über steile Hänge hievten. Die Belohnung war eine atemberaubende Aussicht, die alle Mühen in den Schatten stellte, gerade rechtzeitig, um sich im Schein der untergehenden Sonne auszuruhen. Im Schutz der Felsen oder in unseren Zelten wurde die Nacht zum stillen Zeugen eines grandiosen Sternenhimmels, ein unvergessliches Schauspiel. Ebenso eindrucksvoll war der magische Sonnenaufgang, der zwischen den Felswänden den neuen Tag einläutete.
In Südafrika wurden meine Kletterkünste in den Sportklettergebieten in der Nähe von Kapstadt auf die Probe gestellt. Die Aussichten waren grandios. In der Ferne war das Meer zu sehen und am Fuße des Berges die unendliche Stadt Kapstadt.
Diese Erfahrungen führten zu neuen Freundschaften mit Einheimischen, die mir eine Welt des herzlichen Empfangs und des kulturellen Austauschs eröffneten. Ich tauchte ein in das Kulturfest, bei dem in traditioneller Tracht gesungen und getanzt wurde, ein Spiegelbild von Nationalstolz und Gemeinschaftsfreude. An diesem nationalen Feiertag versammelten sich die Menschen in Kirchen, die eher einem modernen Versammlungsort als einem traditionellen Gotteshaus glichen. Nach den Feierlichkeiten, inmitten einer fröhlichen und herzlichen Gemeinschaft, wurde die Kultur des Braai gelebt - ein rituelles Grillfest, das weit über die bloße Zubereitung von Speisen hinausgeht und ein Gefühl der Zusammengehörigkeit schafft.
Nach meinem Praktikum
Nach Abschluss meiner beruflichen Tätigkeit begaben wir uns auf eine Expedition, um die vielschichtige Schönheit Südafrikas näher zu erkunden. Dieses Land, fast dreieinhalb mal so groß wie Deutschland, bot in den drei Wochen, die uns zur Verfügung standen, nur einen Ausschnitt seiner Schönheit. Von der Südspitze des Kontinents, wo sich die Ozeane treffen, bis zu den exotischen Klängen eines Regenwald-Nationalparks reichte das Spektrum unserer Entdeckungen.
Auf einer Safari begegneten wir den majestätischen Big Five und fanden uns in einer surrealen Steppe wieder, nur wenige Kilometer vom üppigen Grün entfernt. Unser Streben nach Abgeschiedenheit führte uns abseits der ausgetretenen Pfade der Garden Route an Orte, an denen die unberührte Wildnis in ihrer ganzen Pracht zu erleben war. Die Interaktion mit Einheimischen, wie einem pensionierten Lehrer, bereicherte unsere Reise um die Perspektive von Geschichten, die über Generationen weitergegeben wurden. In der Abenddämmerung, umgeben von den sanften Konturen der Weinberge und den majestätischen Umrissen der Berge, wurden wir Zeugen der Geschichten, die dieses Land geformt haben. Diese viermonatige Reise gab mir die Gelegenheit, in aller Ruhe in die Tiefe einer fremden Kultur einzutauchen. Sie hat mich gelehrt, dass wahres Verstehen Zeit braucht - Zeit, sich auf neue Erfahrungen einzulassen und sie zu leben. Diese Reise hat mein Herz erobert und wird immer ein unvergesslicher Teil meiner Lebensgeschichte sein. Sie gab mir die Möglichkeit, theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen, Freude am Unterrichten zu vertiefen und wertvolle Freundschaften zu knüpfen. Nur mit erworbenem Wissen und Erfahrungen kann man nachhaltig etwas verändern und voranbringen.
Für die Unterstützung bei der Verwirklichung dieses Traums möchte ich mich bei Vacasol bedanken. Vielen Dank!